Rezensionen

Vermißt in Griechenland. Schicksale im griechische Freiheitskampf 1941-1944

Hermann Frank Meyer,
Vermißt in Griechenland.
Schicksale im griechischen Freiheitskampf 1941-1944
(Berlin: Verlag Frieling & Partner, 1992)
Das Buch ist vergriffen. Kontaktieren Sie den Verfasser, der noch über Belegexemplare verfügt.



In der Nacht vom 25. auf den 26. November 2002 jährt sich zum Sechzigstenmal die Zerstörung der Gorgopotamos-Eisenbahnbrücke am griechischen Brallos (Thermopylen)-Pass. In dem von deutschen, bulgarischen und italienischen Truppen besetzten Griechenland gelang zwölf Angehörigen der Commenwealth-Armee und 150 griechischen Freischärlern (sogenannten Andarten) diese spektakuläre Aktion.

Sie sollte weitreichende Folgen für den weiteren Kriegsverlauf auf dem Balkan haben. Noch heute wird die Sprengung jedes Jahr in Griechenland wie ein Nationalfeiertag zelebriert.

Die britischen Kommandos waren von SOE-Kairo, der geheimen Kommandozentrale für subversive Tätigkeiten, unter Führung des britischen Oberst E.C.W. (Eddie) Myers im Oktober 1942 per Fallschirm im unwegsamen Gebiet in Mittelgriechenland abgesetzt worden. Die Aufgabe der "Operation Harling" war die Zerstörung eines der drei Eisenbahnviadukte auf der Strecke zwischen Thessaloniki und Athen, um damit die "lebenswichtigen" Nachschublieferungen für Rommels Afrika-Truppen nachhaltig zu unterbinden.

Vier Wochen später gelang den Kommandos der Anschlag mit Unterstützung der Andarten, die sich aus Verbänden unter Führung des linksgerichteten ELAS- Kapetanios Aris Velouchiotis und dem rechtsgerichteten ehemaligen Offizer des griechischen Heeres, dem EDES-Kommandeur Napoleon Zervas, zusammensetzten.

Die Meldung über die erfolgreiche Zerstörung des Viaduktes lief wie ein Fanal durch Griechenland. Hunderte junge Männer und ehemalige Soldaten und Offiziere des griechischen Heeres gingen spontan in die Berge, um sich den Andarten anzuschließen.

Ursprünglich sollten die zwölf Kommandos nach Afrika zurückgeführt werden. Da jedoch alle Fluchtwege abgeschnitten waren, blieben die Männer auf Weisung ihres Kairoer SOE-Hauptquartiers als Verbindungsoffiziere in den griechischen Bergen, um die rasant anwachsende Zahl an Andarten im Partisanenkrieg zu schulen und deren Bezahlung als auch Ausrüstung mit Waffen zu gewährleisten.

Der Vater des Verfassers gehörte als Oberzahlmeister jener deutschen Pionierheinheit an, die unmittelbar nach dem Anschlag den Befehl erhielt, den 211 Meter langen Gorgopotamos-Viadukt wiederaufzubauen. Mittlerweile hatte Rommel die Schlacht bei El-Alamein verloren. Aber es galt auch die in Südgriechenland liegenden Truppen zu versorgen. Ihr Nachschub verlief nun hauptsächlich über See und mühselig auf engen Paßstraßen mittels LKW oder Maultierkolonnen. Der Eisenbahnverkehr wurde bereits am 5. Januar 1943 wiederaufgenommen, nachdem die Metallpfeiler durch provisorische Holzgerüste ersetzt worden waren.

Bisher hatten die ELAS-Andarten in Mittelgriechenland nur italienische Truppen angegriffen. Durch die Unterstützung der Briten fühlten sie sich jedoch Ende März 1943 stark genug, auch deutsche Truppen direkt anzugehen. Am National-feiertag, dem 25. März, verkündete Velouchiotis' Stellvertreter Tasos Lefterias in dem Bergdorf Marmara (bei Lamia) diese Entscheidung des ZK der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) der dort versammelten ELAS-Führerschaft. Vier Tage später wurde der Vater des Verfassers als einziger Offizier zusammen mit 33 deutschen und 16 italienischen Soldaten und Zivilisten von ELAS-Freischärlern gefangengenommen und in Kolokythia, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Marmara, in einem Schulgebäude inhaftiert. Als deutsche und italienische Truppen auf der Suche nach den Vermißten zur Vergeltung ganze Dörfer im Sperchios-Tal niederbrannten, die Zivilbevölkerung terrorisierten und über 600 Geiseln festnahmen, entschied die ELAS-Führung unter Aris Velouchiotis, Andreas Tzimas und Tasos Lefterias die Deutschen zu exekutieren. Zuvor wurde den Gefangenen jedoch freigestellt, sich den Andarten anzuschließen; sie würden nicht erschossen werden. Während zwei Deutsche das Angebot annahmen – einer von ihnen kehrte tatsächlich 1948 nach Deutschland zurück – wurden alle Italiener freigelassen und die übrigen 32 Deutschen erschossen. Sie wurden von der Wehrmacht und nach dem Krieg vom Roten Kreuz für vermißt erklärt.

Zwanzig Jahre nach der Vermißtenmeldung reiste der Verfasser zum ersten Mal nach Griechenland, um nach dem Schicksal seines Vaters zu forschen. In jahrelanger Arbeit – basierend auf Recherchen in deutschen, italienischen, griechischen und britischen Archiven und unter Heranziehung von rund zwei Dutzend Büchern, die in England, Neuseeland und Griechenland zu diesen Ereignissen erschienen sind – gelang ihm die vollkommene Rekonstruktion des damaligen Geschehens. Er interviewte darüber hinaus die verantwortlichen Briten, Neuseeländer, Deutschen und Griechen – darunter jenen Mann, der seinen Vater erschoß.

Zum fünfzigsten Jubiläum der Zerstörung der Gorgopotamos-Brücke erschien H. F. Meyers Buch
Vermißt in Griechenland. Schicksale im griechischen Freiheitskampf 1941-1944. Das Buch enthält zahlreiche Faksimiles und einmalige Fotos. Obwohl es vergriffen ist, kann der Verfasser noch Belegexemplare liefern (e-mail: ). 1995 wurde das Buch ebenfalls in Griechenland [H ANAZHTHSH (Athen: Verlag Kalentis, 1995) (e-mail: kalendis@ath.forthnet.gr)] und Großbritannien verlegt [Missing in Greece. Destinies in the Greek Freedom Fight 1941-1944, London: Minerva (e-mail: mail@minerva-press.co.uk)]. Eine zweite Auflage erschien 1998. Das Buch fand in diesen Ländern erheblichen Anklang und wurde wegen der objektiven und spannenden Schilderung der tragischen Ereignisse durchweg positiv rezensiert.
























© H.F. Meyer 2007 |